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Jüdische Gemeinden in Bayern

IKG Augsburg

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Schwaben-Augsburg ist eine jüdische Gemeinde mit Sitz in der schwäbischen Stadt Augsburg. Eine erste jüdische Gemeinde entstand dort bereits im Hochmittelalter.

Blick auf Außenfassade Synagoge und Museum jüdische Gemeinde Augsburg

Die Geschichte der jüdischen Gemeinden in Augsburg

Spätestens im Hochmittelalter entstand in Augsburg eine erste jüdische Gemeinde. Der erste Beleg über einen jüdischen Mann in Augsburg, Joseph von Augsburg, stammt aus dem Jahr 1212. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entwickelte sich eine vollständige Gemeinde mit Friedhof, Synagoge, Mikwe, ab 1290 ist sogar ein jüdisches Tanzhaus bezeugt. Bald besaß die Gemeinde auch einen eigenen Gemeindebackofen und eine Fleischbank. 

Bis heute erinnert der „Judenberg“ in der Augsburger Innenstadt daran, dass hier einst jüdische Familien lebten. Die andere Gasse, in der sich im Mittelalter jüdische Familien niederließen, hieß bis ins 19. Jahrhundert hinein „Judengasse“, wurde dann aber in Karlstraße umbenannt. Ein Teil der Augsburger Jüdinnen und Juden hatte das Bürgerrecht, ein Teil hielt sich nur temporär in der Stadt auf. Auch die jüdischen Bürger und ihre Familien waren als sogenannte „Schutzjuden“ auf den Schutz durch weltliche oder zeitweise auch kirchliche Obrigkeiten angewiesen. 

Bereits 1348 versagte dieser Schutz. Die christliche Bevölkerung verübte an der jüdischen Gemeinde ein Pogrom, bei dem rund 130 jüdische Menschen ermordet wurden. Bald nach dem Pogrom ließen sich wieder jüdische Familien in Augsburg nieder. Der bedeutendste Rabbiner der mittelalterlichen Augsburger jüdischen Gemeinde war Rabbiner Jacob Weil, der von 1412 bis zur endgültigen Vertreibung der Jüdinnen und Juden aus Augsburg an der Spitze der Gemeinde stand und eine Talmudschule leitete. Dass Weil mit Kaiser Sigismund 1434 über die Höhe der von den Jüdinnen und Juden zu zahlenden Krönungssteuer verhandelte, zeigt, dass er überregional bekannt und anerkannt war. 

Bereits vier Jahre später erfolgte die Ausweisung der jüdischen Gemeinde per Ratsbeschluss. Für rund vier Jahrhunderte gelang es nur einzelnen jüdischen Menschen, sich temporär in Augsburg aufzuhalten. Seit Mitte des 16. Jahrhundert konnten sich im ländlichen Schwaben neue jüdische Gemeinden bilden. Die schwäbisch-jüdische Landbevölkerung hatte die Möglichkeit, nach Anmeldung und Zahlung einer Gebühr sowie in Begleitung einer Stadtwache Augsburg zu besuchen. Nicht nur Händlerinnen und Händler machten davon Gebrauch – auch beispielsweise Schwangere oder Kranke kamen, um Hebammen oder Ärzte aufzusuchen. 

Ab 1803 ließ die Stadt wieder sukzessive jüdisches Leben in Augsburg zu. Zunächst musste man sich das Niederlassungsrecht teuer erkaufen. Erst 1861 wurde die freie Niederlassung erlaubt. Im Verlauf des langen 19. Jahrhunderts erlebte die jüdische Gemeinde in Augsburg einen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Aufschwung. Anders als in anderen Städten wanderte vor allem die lokale jüdische Bevölkerung aus dem Umland zu, die nicht nur Sprache, Sitten und Gebräuche kannte, sondern mitunter auch schon mit der Stadt vertraut waren. 

Durch die strikten Zulassungsbeschränkungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten sich zunächst v.a. wohlhabende Familien in Augsburg niedergelassen. In den späteren Jahrzehnten des Jahrhunderts kamen auch Händler und andere Kleingewerbe hinzu. Vielen gelang es nun, sowohl florierende Geschäfte aufzubauen als auch, sich in die Stadtpolitik und das gesellschaftliche Leben, zum Beispiel in Vereinen, einzubringen. Das neue Selbstbewusstsein fand seinen Ausdruck auch im Bau einer neuen Monumentalsynagoge, in der Halderstraße 6-8. Zwischen 1913 und 1917 in einem Stilmix aus Elementen des damals hochmodernen Jugendstils, sowie mit byzantinischen und orientalisierenden Details, drückt die Architektur die Verbundenheit mit der jüdischen Tradition, aber auch mit der Stadt Augsburg, dem Deutschen Reich und der europäischen Moderne aus. Über dem Eingangstor ist das Siegel der Ersten Jüdischen Gemeinde zu erkennen, das einen doppelköpfigen Reichsadler mit dem sogenannten Judenhut zeigt. Die Davidsterne sowie die Anklänge an den Tempelbau in Jerusalem verweisen auf ein neues jüdisches Selbstbewusstsein. Zugleich steht die Augsburger Zirbelnuss in Verbindung mit dem Davidstern auf dem Boden des Haupteingangstors und im Logo der damaligen Gemeinde für die Verbundenheit mit Augsburg. Eine Gedenktafel an die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnert bis heute an den Patriotismus der damaligen Gemeinde. 

In der Pogromnacht 1938 wurde die Synagoge in Brand gesetzt. Nur die Tatsache, dass gegenüber eine Tankstelle lag und man ein Übergreifen des Feuers fürchtete, rettete sie vor der vollständigen Zerstörung. Von den über 1.000 Jüdinnen und Juden, die 1933 in Augsburg lebten, konnten fast 600 Personen fliehen, 450 wurde deportiert. Nur sehr wenige Überlebende konnten 1945 befreit werden und kehrten nach Augsburg zurück. 

1950 schlossen sich jüdische Augsburger Bürger, die den Holocaust überlebt hatten, mit anderen Überlebenden, vor allem polnischer Herkunft, zusammen und bauten die Gemeinde wieder auf. 1963 wurde durch die Verbindung der Werktagssynagoge mit dem ehemaligen Trausaal die sogenannte kleine Synagoge geschaffen, sodass man dort wieder in würdigem Rahmen beten konnte.Erst in den 1980er Jahren gelang es dem damaligen Präsidenten der IKG, Julius Spokojny (1923-1996), die Gelder für die dringend notwendige Renovierung der seit 1938 schwer beschädigten Synagoge zu akquirieren. Dabei spielte auch die Gründung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben eine Rolle: Indem er die Synagoge der nichtjüdischen Öffentlichkeit zugänglich machte, hoffte er, zum einen auf größere Bereitschaft der nichtjüdischen Gesellschaft, sich um den Erhalt der Synagoge zu bemühen. Zum anderen konnte durch das Museum an die einst strahlende Gemeinde der Zeit vor der Schoa erinnert werden.

Spokojny musste zum Zeitpunkt der Renovierungsarbeiten Mitte der 1980er Jahre davon ausgehen, dass die jüdische Gemeinde in Augsburg mit ihren betagten Mitgliedern keine Zukunft haben würde. Durch den Zuzug aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion kam es jedoch erfreulicherweise zu einer Trendwende: Die IKG Schwaben Augsburg ist mit rund 1500 Mitgliedern heute größer als vor der Schoa.

Israelitische Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg

www.ikg-augsburg.com